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Studien: Wie sinnvoll ist eine vierte Corona-Impfung?

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Israelische Studien zur Wirksamkeit vierten Impfung wurden veröffentlicht. Für wen wäre sie sinnvoll und warum äußern sich manche Experten zurückhaltend?

Tel Aviv – Aktuell dominiert die Omikron-Variante* das Infektionsgeschehen und an die Variante angepasste Impfstoffe sollen bald verfügbar sein. Länder wie Israel haben bereits damit begonnen, mit den derzeit vorhandenen Impfstoffen ein viertes Mal zu impfen. Zur Frage, für wen das sinnvoll sei, haben Experten unterschiedliche Meinungen.

Zwar hebt die dritte Impfung den Schutz vor einer Ansteckung mit der Omikron-Variante sowie schweren Verläufen deutlich an. Dieser Schutz flacht mit der Zeit jedoch ab und die Immunwirkung lässt nach. Es lässt sich noch nicht sicher sagen, wie schnell nach der Impfung das passiert. Auffrischimpfungen mit vorhandenen Impfstoffen sollen daher die Wirksamkeit der Impfung verlängern.

Coronavirus - Japan
Eine medizinische Mitarbeiterin hält in einem Impfzentrum im Tokio Skytree eine Spritze mit einer Dosis des Corona-Impfstoffes von Moderna in der Hand. © Eugene Hoshiko/dpa

Vierte Impfung: Warum ist das sinnvoll?

Laut einer Studie der Universität Marburg ist das vor allem für ältere Menschen relevant. Die Studie zeigt, dass über 80-jährige Menschen oft mindestens drei Impfungen benötigen, um eine gute Immunantwort aufzubauen. Da auch der Immunschutz vermutlich schneller nachlässt, könnte hier eine vierte Impfung sinnvoll sein. Bei älteren Menschen liegt die dritte Impfung oft bereits einige Monate zurück.

Um in Zukunft nicht nur die Wirksamkeit der Impfung zu erhalten, sondern diese noch zu verbessern, könnte in Zukunft die vierte Impfung mit einem an Omikron angepassten Impfstoff erfolgen. Aktuelle Impfstoffe wirken nicht mehr so gut auf Omikron, da sie für andere Corona*-Varianten entwickelt wurden. Biontech/Pfizer* sowie Moderna* haben bereits mit klinischen Studien zur Untersuchung angepasster Impfstoffe begonnen, welche das ändern könnten.

Die ersten Dosen wollen Biontech/Pfizer bis März oder April liefern können. Die Entscheidung über eine Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) wird allerdings etwas später erwartet. Von Biontech hat Deutschland weitere 80 Millionen Dosen bestellt.

Wer bekommt bereits eine vierte Impfung?

Als erstes Land begann Israel Anfang Januar 2022 mit einer großen zweiten Booster-Kampagne. Inzwischen haben mehr als 600.000 Menschen ihre vierte Dosis erhalten, vor allem über 60-Jährige, medizinisches- sowie Pflegepersonal und Menschen mit Immunschwächen können sich impfen lassen. Auch über 18-Jährigen aus Risikogruppen wird seit wenigen Tagen die vierte Impfung empfohlen.

Auch andere Länder empfehlen Immungeschwächten die vierte Impfung. Darunter aus der EU etwa Dänemark, Schweden und Belgien. Nach einer ärztlichen Beratung bietet auch Ungarn allen, die es wünschen, die vierte Impfung an. Aufgrund mangelnder Daten gibt es in Deutschland noch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission zur vierten Impfung, auch für Risikogruppen nicht. Nur in Ausnahmefällen wie etwa bei medizinischem Personal in Krankenhäusern oder bei Organtransplantationen.

Israel: Was sagen die Studien zur Wirksamkeit der vierten Impfung?

Israel hat erste Daten zur vierten Impfung mit vorhandenen Impfstoffen erhoben. Ergebnisse zweier Studien des Sheba Medical Center, in denen insgesamt rund 270 Personen eine vierte Impfung mit Moderna oder Biontech erhielten, wurden nun durch die Studienleiterin Gili Regev-Yochoay vorläufig veröffentlicht: Die vierte Dosis habe bei beiden Gruppen zwar die Anzahl der Antikörper deutlich erhöht, aber wahrscheinlich nicht genug, um Infektionen mit der Omikron-Variante zu verhindern.

Zu anderen Ergebnissen kam eine weitere israelische Analyse. In der Studie wurden 400.000 Über-60-Jährige, die eine vierte Impfung erhalten hatten, mit 600.000 Menschen derselben Altersklasse verglichen, deren dritte Impfung mehr als drei Monate zurücklag. Dem israelischen Gesundheitsministerium zufolge waren die zweifach Geboosterten dreimal besser vor schweren Krankheitsverläufen geschützt. Der Schutz vor einer Infektion sei ebenfalls zweimal höher als bei den dreifach Geimpften.

Corona-Virus: Experten empfehlen differenziert vorzugehen

Experten empfehlen zumeist einen differenzierteren Umgang mit der vierten Impfung. Für Ulrike Potzer, Direktorin des Instituts für Virologie an der Technischen Universität München, ist eine vierte Impfung mit den vorhandenen Impfstoffen laut tagesschau.de nur für bestimmte Bevölkerungsgruppen sinnvoll, beispielsweise immungeschwächte Menschen. „Bei vielen anderen macht es vielleicht mehr Sinn, jetzt erst mal abzuwarten.“

Impfstoffforscher Leif Eric Sander der Berliner Charité empfiehlt bei der vierten Impfung ebenfalls ein differenzierteres Vorgehen – auch bei den an Omikron angepassten Impfstoffen. Vor allem ältere Menschen würden von einem an Omikron angepassten Impfstoff profitieren, da sie ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben und schwächer auf den Impfstoff ansprechen. Er hält laut tagesschau.de momentan wenig von einer vierten Impfung für die gesamte Bevölkerung. „Ich glaube, mit drei Impfungen ist man super geschützt.“

Große Teile der Bevölkerung kämen ohnehin mit den Viren in Kontakt und würden so ihre Immunantwort auffrischen. Sofern zukünftige Virusvarianten das Pandemiegeschehen nicht noch weiter verändern, müsse man daher vielleicht nur ältere Menschen regelmäßig nachimpfen.

Christian Drosten zur vierten Impfung: „vielleicht sogar alle“

Mitte Januar sagte der Virologe Christian Drosten* bei einer Pressekonferenz, eine vierte Impfung mit einem angepassten Impfstoff könnte für alle nötig sein. „Wir werden möglicherweise ab dem zweiten Quartal große Teile der Bevölkerung, vielleicht sogar alle, noch einmal mit einer Update-Impfung gegen Omikron versehen müssen.“

Da sich das Omikron-Virus so stark von den anderen Varianten unterscheide, sei es einer anderen Gruppe zuzuordnen als die bisherigen. Daher passe der vorhandene Impfstoff nicht mehr. Damit nicht nur der Schutz vor schweren Krankheiten gegeben sei, sondern auch der Schutz vor Übertragung und milden Verläufen, brauche es aber eine breite Immunität gegen beide Gruppen. Man müsse große Teile der Bevölkerung so weit immunisieren, dass sie das Virus sich mehr übertragen können, um die Pandemie zu beenden. Dafür bedarf es angepassten Impfungen.

Das Virus selbst müsse irgendwann die Immunität der Bevölkerung updaten und den Übertragungsschutz höher aufbauen. Man könne die Bevölkerung nicht auf Dauer alle paar Monate nachimpfen.

Omikron: Warnt die EMA vor Booster-Impfungen?

Vor kurzem sorgte der Verantwortliche für die Impfstrategie der EMA, Marco Cavaleri, mit Aussagen zur vierten Impfung für Aufsehen. Auffrischungsimpfungen alle drei oder vier Monate seien nicht sinnvoll oder nachhaltig. Man solle das Immunsystem nicht mit Impfungen „überladen“. Cavaleri bezog sich dabei nur auf Auffrischungsimpfungen in diesen kurzen Abständen. Für die jährliche Auffrischungsimpfung sprach er sich aus. Zudem ist unter Experten umstritten, ob kurz aufeinanderfolgende Auffrischungsimpfungen kontraproduktiv sein könnten.

WHO: Zweite Booster-Kampagne könnte das Virus verlängern

Mit Blick auf die globale Impfungleichheit hat sich die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegen pauschale Auffrischungsimpfungen ausgesprochen*. Ende Dezember 2021 sagte Generaldirektor Tedros Ghebreyesus, flächendeckende Booster-Kampagnen führten dazu, dass Impfdosen an die Länder geliefert würden, die bereits eine hohe Durchimpfungsrat haben.

Dem Virus würde damit mehr Raum zur Verbreitung und Mutation gegeben, da diese Dosen dann in ärmeren Länder fehlten. Somit würde die Pandemie eher verlängert als beendet. Booster-Impfungen würden zudem weniger Todesfälle und schwere Erkrankungen verhindern als die Grundimmunisierung. (lz) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.

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